Beratungsbeispiel Mehrsprachigkeit: Zwei Sprachen in der Familie

„Meine Partnerin ist Dänin, ich bin Deutscher mit Deutsch als Muttersprache. Wir wohnen in Dänemark und haben seit zwei Monaten zwei Pflegekinder im Alter von 3 und 6 Jahren. Die Kinder sprechen gut bis sehr gut Dänisch und verstehen mittlerweile auch etwas Deutsch. Am Anfang habe ich fast kein Deutsch mit ihnen gesprochen, damit sie erst einmal Vertrauen aufbauen können. Jetzt würde ich aber gerne dazu übergehen, ihnen Deutsch beizubringen. Können Sie mir Bücher mit praktischen Tipps nennen, wie man kleinen Kindern Deutsch beibringt? Eine weitere Besonderheit ist, dass die Kinder erst jetzt zum ersten Mal mit einer Fremdsprache in Kontakt kommen.“

 

Antwort von Dr. Anja Steinlen

„Es ist wunderbar, dass Sie Ihren Pflegekindern Deutsch beibringen möchten, das wird sicher den Zusammenhalt in Ihrer Familie stärken. Ihre Pflegekinder haben schon gemerkt, dass Sie einen deutschen Hintergrund haben und werden neugierig sein. Vielleicht möchten Sie ihnen behutsam erklären, warum es Ihnen wichtig ist, mit ihnen auch Deutsch zu sprechen, da Sie ja aus Deutschland stammen.

Sie können zum Beispiel ausmachen, dass Sie beim Frühstück oder Mittagessen immer Deutsch sprechen, das heißt, dass Sie einen klaren Zeitrahmen schaffen. Vorlesen geht auch immer wunderbar und ist ein schönes Ritual vor dem Schlafengehen. Am Anfang bieten sich Bilderbücher mit etwas weniger Text, aber ansprechenden Bildern, an. Je mehr Deutsch die Kinder verstehen, desto mehr Text kann das Buch enthalten. Hier ist es immer gut, sich den Neigungen und Interessen der Kinder anzupassen.

Sie brauchen kein Lehrbuch, um den Kindern Deutsch beizubringen. Verwenden Sie Ihre Sprache natürlich und in vielen Situationen (intensiv und kontinuierlich), so wie Sie es auch in Deutschland tun würden. Sie werden am Anfang viel auf Gesten und Mimik zurückgreifen, damit Ihre Kinder besser verstehen, was gemeint ist. Dies ist völlig normal und gehört dazu (und für die Kinder ein großer Spaß).

Da Kinder selbst noch im Spracherwerbsprozess sind, ist es für sie normal, nicht alles zu verstehen, deshalb ist für sie eine neue Sprache nicht angstbesetzt. Wichtig ist dabei, dass Sie keinen Druck ausüben, die Kinder also nicht zum Sprechen zwingen.

Haben Sie vielleicht einen deutschen Kindergarten oder Spielgruppen in der Nähe? Auch dies würde den Kindern die Relevanz des Sprachenlernens näherbringen. Wenn die Möglichkeit besteht, dass Sie mit den Kindern Deutschland zu besuchen, würde dies den Kindern verdeutlichen, dass die Sprache nicht nur Familiensprache ist.

Ihre Erwartungen sollten realistisch sein: Wie uns Eltern in ähnlicher Situation immer berichten, verstehen Kinder die neue Sprache relativ schnell, sprechen sie aber nicht. Man sollte sie dann nicht zwingen, denn eine neue Sprache muss sich erst mal aufbauen (wie beim Muttersprachenerwerb). Auch wird Dänisch immer die dominante Sprache bleiben, zumindest solange Sie in Dänemark leben. Es schadet den Kindern jedoch nicht, wenn sie zuhause Deutsch lernen, denn das Gehirn kennt keine sprachlichen Grenzen.”

Haben Sie noch weitere Fragen? Wenden Sie sich gerne an Annette Lommel (fmks@fmks.eu).

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